Brasilien, Südamerika
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Die Verrückten aus dem Dschungel

Bei unserem Dschungelausflug haben wir uns prächtig amüsiert, nach der heißen Dusche stillen wir dann erstmal den Hunger und dem kleinen Expeditionsteam (Melanie, Micha, Amore und mir) dürstet es schliesslich nach Caipis. Anscheinend waren alle Pauschaltouristen vom Regen geschafft, die Bar und Lounge, die sonst immer vor Menschen probevoll war, ist leer und verweist.

Micha und ich bestellen die erste Runde Caipis an der Bar und treffen dort den einsam und allein sitzenden Oberbayer Tobias. Seine 28 zählenden Lenze passen zu uns und wir fragen ihn, ob er sich zu uns setzen möchte. Er verneint. Er mag schnell austrinken und dann ins Bett, er wirkt jetzt ein wenig ängstlich und schüchtern, was er in den letzten beiden Tagen eher nicht war. Micha und ich haken noch mal nach und schlagen vor seinen Caipi bei uns auszutrinken.
Tobias: Nein, ich mag nicht, danke.
Ich: Warum denn nicht?
Tobias: Danke, danke. Außerdem man hätte ihn auch schon vor uns gewarnt!
Ich: Wovor denn?
Tobias: Man sollte nicht die Zeit mit uns verbringen, das wäre gefährlich.
Micha: Bitte, wer sagt das denn?
Tobias: Peter und die Pauschalreisegruppe von Thomas Cook. Wir wären doch die Verrückten.

Uns verschlägt es erstmal die Sprache, man hört das Knirschen der Eiswürfel als der Cachaca über diese gegossen wird. Aha, wir waren also für die Pauschalreisenden die Verrückten. Ein Lächeln glitt über unsere Lippen. Wir fühlen uns geehrt, sehr sogar. Was gibt es schöneres als bestätigt zu bekommen, dass man nicht so ist wie die Massentouristen. Der Schwabe Peter und seine weiße Tennissocken und Sandalen tragende Frau, die Ossis und die langweilenden Ösis hatten es gleich gewusst, wir wollen Abenteuer, wir nehmen jedes Schlammloch mit, wir geben uns auch mit einem Economy-Zimmer zufrieden, wenn im Dschungel kein Komfortzimmer verfügbar ist, wir gehen im Regenwald auch mal durch den Regen, wir haben festes Schuhwerk dabei, unser Säckel immer fertig gepackt, wir probieren im Urwald mal Pflanzen und Früchte zu essen, wir packen mit der Hand auch in einen Ameisenhaufen und reiben uns die Hände, um das Mückenschutzmittel des Dschungels auszuprobieren, wir weinen nicht gleich, wenn man nass wird, wir haben Spass auch wenn Menschenmassen wie Kolonialisten ein Nativedorf stürmen und kommentieren das entsprechend. Wir sind die Verrückten.

Tobias lässt sich überzeugen und setzt sich zu uns, ihm schmeckt der Caipi anscheinend und er kommt in Fahrt und berichtet von seinen Erlebnissen mit der Reisegruppe. Dass die sieben immer zusammen wären, er mit den Ossis im Economy-Hotel und die Ösis und Schwaben im Komforthotel. Peter wäre der heimliche Reiseführer und hat in den letzten Tagen viele Informationen über uns und die anderen gesammelt und die Gruppe hat sich ein genaues Bild über uns gemacht. Wir liegen teilweise am Boden, die sich zusammengereimten Geschichten sind der Hammer, z.B. dass die herzliche und gut zuverstehende Amerikanerin Eileen eigentlich Irene heißt, einen starken Akzent hat, aus Argentinien kommt und von ihrem Sohn zu seiner Hochzeit nach Buenos Aires eingeladen worden ist. Sie war aber auf der Hochzeit ihres ehemaligen Hausmädchen und ist durch und durch Amerikanerin.

Peter notiert auch alles, was auf der Reise nicht funktioniert und zu beanstanden ist, er lässt sich das immer bestätigen, um dann bei Thomas Cook reklamieren zu können. Er behauptet auch fest, dass man heute kein Regencape brauchte, weil ja bei Start der Wanderung die Sonne schien. Ob das ein Reklamationsgrund ist, darf bezweifelt werden.

Der Abend wird immer länger, die Caipis und Skol fließen in Strömen wie der Regen heute nachmittag, Tobias legt noch nen Schuhplattler hin und gesteht uns, dass er und Antje gerne am Pool rumflirten, wenn Ossi Jens seine Spiegelreflexkamera im Zimmer putzt und seinen Gürtel für iPhone, Messer und Co neu ausrichtet.

Als wir schließlich um Mitternacht ins Bett fallen, tuen uns die Bauchmuskeln weh und wir schlafen schnell ein, mit einem Lächeln im Gesicht, immer daran denkend, dass wir von den Pauschaltouristen als die Verrückten aus dem Dschungel geadelt worden sind.

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