Argentinien, Südamerika
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WM-Quali: Argentinien – Brasilien

Wenn man schon mal in Südamerika lebt, darf man natürlich den Fußballklassiker schlechthin nicht verpassen, wenn die Albiceleste bzw. Selección aus Argentinien auf die Seleção aus Brasilien trifft.

Für das ewig junge Duell der Dauerrivalen Argentinien und Brasilien dem sog. Superclasico habe ich mir noch eine Karte für das Monumental-Stadion, wo sonst River Plate zuhause ist, organisieren können. Es ist schon ein wenig frisch in dieser Herbstnacht, alle 66.000 Zuschauer sind am frösteln, wenn der Wind ins kreisrunde Stadion weht, kein Wunder, es gibt auch kein Dach. Bei den Temperaturen sagt mein Sitznachbar, geht es vielleicht 0:0 aus, im besten Falle geht es um einen hart umkämpften, knappen Sieg für Argentinien und Crespo macht das Tor.

Ich habe einen exzellenten Sitzplatz auf der oberen Tribüne, fast direkt an der Mittellinie, kann mich nicht beklagen. Aber ich bin im argentinischen Block, für die Fans der Seleção gab es keine Karten mehr, aber ich bin da ja flexibel. Mit hellblauen Argentinientrikot falle ich hier gar nicht auf, hab aber noch ein knallgelbes drunter. Bis auf Ronaldo tritt Brasilien in Bestbesetzung gegen die Argentinier an, schließlich darf man sich beim ärgsten Feind keine Niederlage erlauben. Im südamerikanischen Klassiker geht es vor allem um die Ehre.

Man merkt gleich die Rivalität, die Brasilianer werden als Filha da Puta (Hurensöhne) bezeichnet oder als Macacos (schlimmes Wort für schwarzfarbige) beschimpft. Nett, auch daß alle das Fehlen von Ronaldo, der sich eine Auszeit genommen hat, mit "Ronaldo hat Schiss"-Gesängen feiern. Der Gewinner dieses Spiels ist übrigens definitiv in Deutschland bei der WM mit dabei. Eigentlich war ja Anpfiff auf 21.45 Uhr terminiert, aber man sieht das locker, um 21.57 sind alle Nationalhymnen gespielt und es kann endlich losgehen.

Das Stadion hüpft und macht sich warm, Lee, ohhh leee, ohhh laaa, Arjjjjeentina. Alles haben wir Zuschauer in dieser kühlen Herbstnacht erwarte, aber nicht, daß es nach nur drei Minuten schon 1-0 steht. Roman Riquelme spielt Hernán Crespo frei und der Haudegen vom AC Milan bringt mit seinem Flachschuß von der Strafraumgrenze die Sambatrommeln der 3.500 mitgereisten brasilianischen Fans zum Schweigen und den Rest des Stadions zum ersten Mal zum Erbeben.

So eine frühe Führung, vor allem gegen die Brasilianer, die mit Stars wie Roberto Carlos, Caf?, Ronaldinho, Kaká, Adriano, Jungstar Robinho, Emerson, Roque Junior und Zé Roberto angereist waren, hatte keiner erwartet. Auch nicht, daß die Argentinier ihren Erzrivalen kaum ins Spiel kommen liessen. In der Tat spielten die Argentinier wie entfesselt. Im Minutentakt rollen die Spieler in den hellblau und weiß gestreiften Shirts ihre Angriffe auf das Tor von Brasiliens Keeper Dida und lassen die Brasilianer nicht zur Ruhe kommen.

Spielmacher Riquelme ist die bestimmende Figur des Abends. Alles läuft über ihn. In der 18. Minute trifft er mit einem fulminanten Schuß aus 20 Metern höchstselbst zum 2-0. Die Argentinier lassen nichts aus, um ihrem Konkurrenten schonungslos die Defizite in der Defensive aufzuzeigen. Bereits nach 39 Minuten steht es nach erneutem Treffer von Crespo 3-0. Brasilien präsentiert sich in der ersten Halbzeit wie ein Testspielgegner, was aber der guten Stimmung auf den Rängen keinen Abbruch tut.

Nach der Pause beginnen beide Gegner, Fußball zu spielen, der Druck wird auf beiden Seiten größer. Es reicht für die Brasilianer jedoch nur noch zu einem Ehrentreffer. Per Gewaltschuss versenkt Roberto Carlos den Freistoss in der 72. Minute in den Maschen. Nach dem Ende des Spiels geht es auf den Strassen von Buenos Aires rund. überall wird gefeiert, der Freude wird mit zahlreichen Gesängen freien Lauf gelassen. Die Busse sind randvoll und Taxis keine zu bekommen und die Strassen megaverstopft durch die zahlreichen Autokorsos.

Diese sensationelle Nacht für die Argentinier wird in die Geschichte eingehen. Der Wind und die spätherbstliche Kälte werden vergessen sein, man wird noch von der Schmach von Buenos Aires reden. In Brasilien mag man das Ereignis gern ganz schnell ad acta legen..

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